Piemont im Herbst Teil 2: Weißes Gold und 45 Sterne

Herbst im Piemont -

Barolo, Barbera, Barbaresco – das sind die drei großen „B“ des Piemont, die das Herz eines Weinliebhabers schneller schlagen lassen. Solche Weine erfordern eine passende Begleitung, und glücklicherweise ist die piemontesische Küche eine solche. Den Höhepunkt erreicht dieses Genussfeuerwerk im Herbst, wenn in der Region um Alba die Trüffelsaison beginnt. Die als weißes Gold bezeichneten weißen Trüffel werden auf den Märkten wie das Edelmetall, nachdem sie benannt sind, in Glasvitrinen angeboten und in den Restaurants grammweise auf eigens dafür zusammengestellte Degustationsmenüs gerieben. Ganz Langhe duftet dann nach „Tartufo“, und die Touristen kommen in Scharen, um in den Genuss des weißen Goldes zu kommen. Kein Wunder, dass sich dort gleich mehrere Sterneköche niedergelassen haben – 45 Sterne leuchten am Gourmethimmel, verteilt auf 38 Restaurants (Quelle: Guide Michelin 2013, Bewertung 32 *, 5 **, 1 ***).

Das einzige Drei-Sterne-Restaurant der Region heißt Piazza Duomo und befindet sich – wie soll es auch anders sein – in Alba. Dort findet auch alljährlich die Fiera Del Tartufo statt, die „Internationale Messe der Weißen Alba-Trüffel“, bei der sich alles um das weiße Gold und seine Begleiter dreht. Hier hüten die Aussteller ihre Trüffel in Glasvitrinen, denn wie das Edelmetall auch haben die weißen Alba-Trüffel ihren Preis: beispielsweise ersteigerte ein Käufer aus Hongkong im November 2006 drei Trüffeln mit einem Gesamtgewicht von 1,5 Kilogramm zum Rekordpreis von 125 000 Euro.

Der Trüffel ist eine Pilzart, lateinisch Tuber genannt, dessen intensiver Duft auf das dem Sexualstoff des männlichen Schweins gleichenden Androstenon zurückzuführen ist. Dieser wird durch weibliche, geschlechtsreife Schweine instinktiv gesucht – diese Form der Trüffelsuche geschieht jedoch nur noch für Touristen, da die Schweine die Knollen selbst viel zu gerne fressen. Heutzutage werden speziell abgerichtete Hunde dafür verwendet, da ihnen die gefundenen Trüffel wohl einfacher weggenommen werden können. Im Rahmen der Trüffelmesse können von September bis Januar Interessierte eine solche Trüffelsuche miterleben. Die Suche wird organisiert vom Centro Nazionale Studi Tartufo und wird von einem kundigen Führer mit seinem Hund begleitet, der die Gäste über Trüffel, die Landschaft und die Regionen Langhe und Roero informiert. Eine gute Gelegenheit, um sich zumindest etwas an der frischen Luft zu bewegen.

Wir waren am zweiten Abend unserer Reise (s.a. Teil 1: Genuss für alle Sinne) im Ristorante San Marco in Canelli zu Gast, das im Guide Michelin immerhin mit einem Stern bedacht wird. Man sitzt dort ein bisschen wie bei Freunden zu Hause am festlich gedeckten Tisch, das Kaminfeuer knistert und Miguel, der kleine weiße Hund, schleicht um den Tisch herum. Wer möchte, kann seine eigene Trüffelknolle auswählen (Preis nach Gramm); diese wird dann unter einer Glasglocke auf den Tisch gestellt und bei jedem Gang wird etwas davon über den Teller gerieben. Natürlich gibt es auch hier ein eigenes, mehrgängiges Trüffel-Menü, oder aber man wählt aus der Karte die als „trüffeltauglich“ gekennzeichneten Gerichte aus. Begleitend dazu findet sich für jeden Geldbeutel ein guter Wein aus der umfangreichen Weinkarte, womit wir wieder bei den drei „B“ wären. Und auch wenn man nach so viel ausgezeichnetem Essen schon mehr als satt ist, sollte man sich keinesfalls das Dessert entgehen lassen, denn im San Marco versteht man sich (im Gegensatz zu so manchem anderen Gourmet-Lokal) auch auf die Zubereitung von Creme Caramel, Tiramisu und Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern.

Ein weiterer Tipp ist das von außen eher unscheinbare Ristorante Il Cascinalenuovo in Isola d’Asti. Wir waren auf dem Rückweg und wären fast an diesem unattraktiven Bau vorbei gefahren. Im Inneren jedoch ist alles stilvoll und modern eingerichtet. Der Service ist sehr aufmerksam und geht auf die Wünsche des Gastes ein – in unserem Fall konnten die nur für zwei Personen ausgewiesenen Spaghetti Mancini mit Pulpo auch nur als Einzelportion bestellt werden. Dafür wurde auf entsprechende Anfrage das als Vorspeise aufgeführte Tartar vom Fassone-Rind als Hauptgericht serviert. Beides übrigens vorzüglich. Die Auswahl an offenen Weine war zwar klein, dafür aber sehr gut. Auch dieses Restaurant hat seinen Stern verdient.

Wir hätten an dieser Stelle natürlich noch die fünf Zwei- und das eine, am Anfang bereits erwähnte Drei-Sterne-Restaurant besuchen können, waren aber mit den besuchten Restaurants so überaus zufrieden (und satt), dass wir dies aufgeschoben bzw. Ihnen, lieber Leser, überlassen haben…

Trüffelmesse:

Fiera Del Tartufo
http://www.fieradeltartufo.org
Alba


Trüffelsuche:

Centro Nazionale Studi Tartufo
www.tuber.it
Piazza Risorgimento 2
12051 Alba (CN)


Restaurants:

Ristorante San Marco
http://www.sanmarcoristorante.net
Via Alba 136
14053 Canelli (AT)


Ristorante Il Cascinalenuovo
http://www.ilcascinalenuovo.com/il-ristorante.html
Strada Statale 231, 15
14057 Isola D'Asti (AT)

Zum ersten Teil des Piemontartikels: Genuss für alle Sinne 

Über den Autor*Innen

Tina S. Bernardi

Das Reisen liegt ihr im (multikulturellen) Blut: geboren 1979 in Pori (Finnland) als Tochter einer karelischen Finnin und eines Deutschen mit italienisch-französischen Wurzeln, die soeben aus den Kriegswirren Teherans geflohen waren, aufgewachsen in verschiedenen Regionen Mittel- und Süddeutschlands sowie mehrmonatigen Studien-Aufenthalten in Finnland und Argentinien, lebt Tina Bernardi seit 2012 in Zürich.