Seit einigen Jahren ist sie auf der Überholspur und in aller Munde: die BIO-Branche. Wie kaum ein anderer Geschäftszweig hat sich die der BIO-Lebensmittel von der Öko-Nische ins Rampenlicht katapultiert. Mittlerweile müssen VerbrauerInnen nicht einmal mehr spezielle BIO-Märkte aufsuchen, um BIO-Produkte zu erwerben. Nein. In jedem gängigen Supermarkt gibt es inzwischen eine Reihe an BIO-Produkten. Viele Märkte haben sogar ihre eigenen BIO-Label. Aber wer BIO-Produkte kauft, dem ist oft nicht nur die gesunde Ernährung wichtig, sondern auch sein CO2- Fußabdruck. Viele BIO-Produkte in den Supermärkten legen einige tausend Kilometer zurück. Wer also BIO-Lebensmittel wählt und gleichzeitig das Klima schützten möchte, achtet auf das Herkunftsland. Wohl ein Grund, warum unsere Nachbarn im italienischen Trentino einen regelrechten BIO-Boom erfahren. Kaum drei Fahrtstunden von München, wächst dort der BIO-Anbau enorm. Wir fragen den Direktor Mauro Casotto, Direktor der Wirtschaftförderungsgesellschaft der Region, Trentino Sviluppo S.p.A., nach Gründen und Hintergründen dieses Booms.
Genussfreak: „Die Anzahl der BIO-Landwirte in der autonomen Region Trentino ist in den letzten zehn Jahren enorm angestiegen. Wie verhält sich das Wachstum aktuell?“
Direktor Mauro Casotto: „Die BIO-Landwirtschaft bzw. das ganze BIO-System des Trentino ist in den letzten Jahren, insbesondere im letzten Jahrzehnt, stark gewachsen – sowohl aus Sicht der Landwirte als auch der Lebensmittelhersteller. Eine repräsentative Umfrage aus dem Jahr 2019 registrierte 1.354 Unternehmen mit einer BIO-Zertifizierung, darunter 350 Unternehmen, die in der Lebensmittelverarbeitung tätig sind. Die Zahl der BIO-Unternehmen hat sich in den letzten fünf Jahren mit einer Wachstumsrate von mehr als 100 Prozent verdoppelt. Bezogen auf das letzte Jahrzehnt, hat sich das Wachstum sogar vervierfacht. Bei Flächen, die für den ökologischen Anbau und die ökologische Landwirtschaft genutzt werden, ist der gleiche Trend zu beobachten: Sie haben sich in den letzten drei Jahren verdoppelt. Blickt man auf die vergangenen zehn Jahre, so ist hier ein Anstieg um 400 Prozent auszumachen. Durchschnittlich bedeutet dies eine Wachstumsrate von 13 Prozent pro Jahr.“
Genussfreak: „Warum bietet gerade die Region Trentino so hervorragende Bedingungen zur BIO-Landwirtschaft im Vergleich zu anderen europäischen Regionen?“
Direktor Mauro Casotto: „Das Trentino ist der ideale Ort rund um den Anbau und die Verarbeitung von BIO-Lebensmitteln. Denn: Im Trentino werden sämtliche Tätigkeiten, die Themen wie Nachhaltigkeit, Respekt gegenüber der Umwelt, die Lebensqualität oder das Wohlbefinden der Menschen betreffen, sehr ernst genommen. Nicht umsonst war und ist das Trentino in den letzten 20 Jahren unter den Top 3 Regionen Italiens, was die Lebensqualität betrifft. Dank der wichtigen und strengen Vorschriften unserer lokalen Regierung und der Investitionen privater und öffentlicher Stellen in die Lebensmittelqualität, genießt auch unser Lebensmittelsektor einen hohen Stellenwert. Damit einher geht unser hochtechnologisches sowie innovatives industrielles Produktions- und Dienstleistungssystem. Die Edmund-MachStiftung, ein öffentliches Forschungszentrum, das seit 150 Jahren an der Qualität von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Produkten arbeitet und forscht, insbesondere mit dem Ziel, den Verbrauchern mehr Garantien zu geben, ist ein wichtiger Teil dieses Systems. Dem ist hinzuzufügen, dass Landwirte und Produzenten in Konsortien zusammengeschlossen sind, die einen sehr hohen Standard in Bezug auf Qualität und Nachhaltigkeit der jeweiligen Produkte der angeschlossenen Mitglieder festlegen.“
Genussfreak: „Wo sieht sich das Trentino in fünf bis zehn Jahren in der BIO-Landwirtschaft?“
Direktor Mauro Casotto: „Das Trentino sieht sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren mit einem bedeutenden Wachstum bei Qualitätsund nachhaltigen Produkten – insbesondere bei BIO-Produkten, um die führende Position bei der Qualität von nachhaltigen Lebensmitteln innerhalb Italiens aufrecht zu erhalten und weiter auszubauen. Ich bin mir sicher, dass die Investitionen der Landwirte und der Produzenten weiter steigen. Auch die Investitionen in Forschung und Innovation auch im Bereich der Energieeinsparung oder Nullemission werden weiter zunehmen. Für das Trentino war und ist Deutschland und der deutschsprachige Raum ein sehr wichtiger Markt für BIO- und Qualitätsprodukte. Denn: Aufgrund ihrer herausragenden Qualität sind unsere Produkte sehr gefragt.“
Eine Auswahl an BIO-Produzenten der Region Trentino
In diesem Jahr stellten sich neun regionale Trentiner BIO-Produzenten auf der BIOFACH 2021 vor. Das Sortiment gibt einen Vorgeschmack auf die Vielfältigkeit an erlesenen Feinkostprodukten, die die Region zu bieten hat: von Wein und Öl über Apfelerzeugnisse bis hin zu Speck und Käse. Ein ganzheitliches Verständnis für ökologisch nachhaltigen Anbau und Produktion steht dabei im Trentino an erster Stelle.
Wein und Öl haftet nicht umsonst seit der Antike sakrale Bedeutung an. An den Hängen des Valle di Cembra produzieren Pojer e Sandri Wein nach uralten Verfahrensweisen in seiner natürlichsten Form. Das Weingut Agraria Riva del Garda nutzt das ideale mediterrane Klima des Trentino gleich für beides. Mit ihren biologischen Weiß- und Rotweinen sowie nativem Olivenöl aus der eigenen Ölmühle füllen Agratia Riva del Garda die sonnigen trentiner Berghänge in Flaschen ab. Ausgehend vom extra nativen Olivenöl des Garda Trentino, verbindet OlioCRU Tradtion und Innovation in der ständigen Forschung und Entwicklung neuer Produkte. Ihre einzigartigen Kreationen umfassen nicht nur feinstes Olivenöl vom Gardasee, sondern auch weitere Produkte aus den Kernen der Olive, z.B. Olivenpaste oder Olivensticks aus Olivenpulver als natürliches Nahrungsergänzungsmittel.
Apfel und sonst nichts: Das Familienunternehmen A.D. Chini produziert Snacks und Obstprodukte frei von Zusatz-, Farb- und Konservierungsstoffen schon seit 1988. Trentofrutta holt das Beste aus dem aromatischen Obst und Gemüse Italiens heraus. Ihre Kernkompetenz sind Halbfertigprodukte für die Lebensmittelindustrie: Säfte, Pürees und Konzentrate mit den höchsten Qualitätsstandards. Bei Lucia Maria Melchiori kommen Äpfel, angebaut im Val di Non, im Herzen der Dolomiten, in flüssiger Form zum Einsatz: neben Apfelsaft auch als -cidre, -essig und -balsamico. Melinda als einer der größten Obsterzeuger Europas nimmt die Trentiner Äpfel als Ganzes und denkt dabei BIO und Nachhaltigkeit in jedem Arbeitsschritt mit, von Anbau und Ernte bis zur Lagerung.
Bei Casearia Monti Trentini dreht sich alles um Trentinos feinste Bergmilch: Das Angebot der Käserei, bereits seit drei Generationen in Familienhand, umfasst eine breite Palette an Frisch- und Hartkäse in bester BIO-Qualität. Bomé verbindet Zukunftsorientierung mit echter italienischer Tradition: Seit 1962 entwickelte sich das Unternehmen von einem kleinen Dorf-Wurstwarengeschäft hin zu Trentinos führendem Unternehmen für die Produktion und Vertrieb von hochwertigem Speck, das auch eine umfassende BIO-Linie führt.
Trentino Sviluppo als Dachorganisation und Wirtschaftsförderer präsentierte stellvertretend für die gesamte BIO-Region eine Auswahl Trentiner Produzenten auf der BIOFACH 2021.
Über den Autor*Innen
Jörg Bornmann
Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.