Bier ist ein deutsches Kulturgut. Schon immer hat es die deutsche Geschichte und Wirtschaft geprägt. Das vor über 500 Jahren am 23. April 1516 in Ingolstadt verkündete Reinheitsgebot gilt als ältestes Lebensmittelgesetz der Welt.
Regionale Brauereien, mit einer oft jahrhundertelangen Tradition, stehen für die Vielfalt des Deutschen Bieres. Und lange bevor die ‚Craft Beer Welle‘ über den großen Teich schwappte, wurde eine unendliche Vielzahl verschiedener Biere handwerklich in den privaten, oft kleinen Brauereien unseres Landes gebraut. Handwerkliches Bierbrauen ist in Deutschland seit April 2020 anerkannt als „Immaterielles Kulturerbe“ der UNESCO. Damit steht es nur noch einen Schritt vor dem Status des Weltkulturerbes.
Doch das ist derzeit der einzige Lichtblick für deutsche Brauer und Brauereigaststätten, denn im Gegensatz zur Gastronomie, auch hier läuft die Auszahlung der Corona-Hilfen nicht optimal, bleiben private Brauereien und Brauereigaststätten bei Corona-Hilfen oft komplett außen vor. Bereits im Januar 2021 schimpfte Stefan Stang, Hauptgeschäftsführer der ‚Privaten Brauereien Bayern‘, bei einem Gespräch, „Nicht einmal als Tropfen auf den heißen Stein kann die Modifizierung des Hilfspakets des Bundes für die Brauereigasthöfe in Bayern bezeichnet werden“ und setzte sich vehement für eine Gleichbehandlung von Brauereigasthöfen mit der firmenrechtlich selbstständig geführten Gastronomie ein. Ein großer Teil der Ungerechtigkeit in den Berechnungsgrundlagen der Corona-Hilfen ist dabei, dass ein Brauereigasthof nur dann Hilfen erhält, wenn er mit dem angeschlossenen Braubetrieb einen Umsatzrückgang von mindestens 80 % zum Vorjahresmonat hat. Im Vergleich dazu erhalten sogar Bäckereien und Metzgereien Hilfen für Imbiss und Café, unabhängig ob Bäckerei oder Metzgerei offengehalten werden.
Nun haben sich der ‚Deutsche Brauerbund‘ und die ‚Privaten Brauereien Deutschland‘ noch einmal in einem offenen Brief an die Politik gewandt um auf die prekäre Lage der Brauereien, Brauereigaststätten und Fachgroßhändler hinzuweisen. 1.500 deutsche Brauereien sind, bis auf wenige Ausnahmen, bisher leer ausgegangen. „Wir sprechen dabei überwiegend von mittelständischen und handwerklichen Betrieben, die sich oftmals seit Generationen im Familienbesitz befinden, von Brauereien, die Weltkriege, Wirtschafts- und Währungskrisen überdauert haben – und nun völlig unverschuldet vor dem Aus stehen“, so die Aussage aus Reihen der Verbände.
Hat man es in der Politik bereits seit Jahrzehnten versäumt Strukturen im ländlichen Raum zu schaffen, die auch hier eine über viele Jahrzehnte gewachsene Genuss- und Lebenskultur stärken, sorgt man mit dem aktuellen Verhalten in vielen Fällen für den endgültigen Todesstoß einer unwiederbringlichen, vielseitigen kulinarischen Kultur, einem Teil unseres gesellschaftlichen Lebens. Eine Forderung der betroffenen Betriebe ist eine signifikante Anpassung der Corona-Hilfen. „Ein Brauereigasthof ist wie eine selbstständige Gastronomie zu behandeln. Schließlich müssen Hilfen echte Hilfen sein und kein Placebo“, so die ‚Privaten Brauereien Bayern‘.
Oft wird darauf hingewiesen, wie wichtig eine landwirtschaftlich geprägte Lebensmittelproduktion ist. Der Weg von großen Produzenten zu handwerklichen Anbietern veredelter Lebensmittel wird als ein wichtiger Weg aufgezeigt. Viele möchten weg von der Masse zum regionalen Produkt. Das ist nachhaltige Lebensmittelproduktion und doch wird hier gerade für ein traditionelles Handwerk im Bereich der Lebensmittelproduktion das Grab geschaufelt.
Gern schmücken sich Politiker mit dem grünen Mäntelchen, stehen in erster Reihe, wenn Kulturprojekte von der UNESCO anerkannt und ausgezeichnet werden. Wäre es da nicht and er Zeit, diesen Betrieben auch eine ehrliche Anerkennung zu zeigen, indem man sie in diesen schwierigen Zeiten unbürokratisch und fair unterstützt?
Über den Autor*Innen
Jörg Bornmann
Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.