Genussvoll vorwärts ins Mittelalter

Rothenburg ob der Tauber mit dem Zauber der Vergangenheit - (c) Gabi Dräger

Am Marktplatz in Rothenburg ob der Tauber pulsiert das Leben. Dort laden die vielen Stühle vor den verschiedenen Restaurants und Cafés zum Verweilen ein. Bei einem Cappuccino oder Bier fühlt man sich in der prächtigen mittelalterlichen Kulisse wie ein Ritter oder ein Burgfräulein. Das Rathaus gleich gegenüber von 1250 ist gigantisch groß und sieht eigentlich wie ein Schloss aus. Wenn man den Rathausturm erklimmen möchte muss man 220 Stufen aufsteigen und hat dafür einen fantastischen Ausblick auf die Stadt und das Taubertal. Ein Hochzeitspaar kommt aus dem Rathaus und läuft durch das Spalier von Verwandten, Freunden und Touristen. Sie werden von Kindern mit Blumen und Seifenblasen begrüßt.

Am Abend gibt es dann im Hotel Reichsküchenmeister ein fränkisches Gericht: einen Tafelspitz, das war früher ein Hochzeitsessen in Franken und dazu wird natürlich ein fränkischer Wein serviert, ein Silvaner. Zur regionalen Küche gehören auch Bratwurst, Karpfen, Schweinebraten, Schlachtplatte und natürlich Schäufele.

Um 21:30 Uhr startet die Nachtwächter-Tour mit Harry zu einem Rundgang durch die Dunkelheit und die Geschichte der Stadt. Früher gab es sechs Nachtwächter, die aufgepasst haben, dass das lichtscheue Gesindel nichts anstellt. Wenn ein Feuer in der Stadt ausbrach, dann blies der Nachtwächter mit seinem Horn Alarm. Da es im Mittelalter in der Stadt noch keine Kanalisation gab, wurden die Nachttöpfe durch das Fenster geleert, was für den Nachtwächter nicht immer angenehm war, wenn er getroffen wurde. Immer wieder bleibt Harry, der Nachtwächter stehen und informiert: Die Stadt Rothenburg ob der Tauber wurde 1142 durch die Staufer gegründet und war in ihrer Blütezeit als Reichsstadt, eine der wichtigsten Handelsstädte in Deutschlands. Nach dem Dreißigjährigen Krieg fiel die Stadt jahrhundertelang quasi in einen Dornröschenschlaf, was heute ein Vorteil für die Stadt war, denn sie wurde nicht modernisiert. Die Altstadt ist heute noch vollständig von einer Stadtmauer umrundet und hat 42 Türme.

Erst durch den Bau der Eisenbahn im Jahre 1873 begann der Tourismus und es ging wieder langsam aufwärts mit Rothenburg, da Touristen kamen. Auch berühmte Maler wie Carl Spitzweg, Wassily Kandinsky und Ernst Ludwig Kirchner besuchten die Stadt. Der zweite Tag beginnt mit dem Besuch im Deutschen Weihnachtsmuseum, ja, in Rothenburg ob der Tauber ist jeden Tag Weihnachten, sogar Heiligabend und an den Weihnachtstagen hat das Museum geöffnet. Nur für die Inventur ist das Museum ein paar Tage geschlossen und wenn Heiligabend auf einen Sonntag fällt. Im dazugehörigen Geschäft kann man gleich mit Weihnachtsdekoration eindecken.

Die Familie Kistenfeger öffnet ihren großen und prachtvollen Garten in der Altstadt, den man dort nicht vermutet hätte. Eine grüne Pracht mit Blumen, Bäumen, Skulpturen und lauschigen Plätzen laden zum Entspannen ein. Die Familie Kistenfeger sind echte Franken in der fünften Generation seit 300 Jahren schon Besitzer dieses Gartenparadieses. Die Vorfahren waren Schmiede. Die Oma hatte noch ein Messer- und Scherengeschäft. Eines Tages kam Kurt Jürgens, als er den Film „Gustav Adolfs Page“ drehte, in das Geschäft und hatte ein Messer gekauft. Im gemütlichen Café einzigARTig, das ein Sammelsurium an Kunst, Antiquitäten, Trödel und Dekorationsartikeln hat, die man auch alle kaufen kann, gibt es einen Cappuccino und ein Panini, vor dem nächsten fränkischen Programmpunkt.

Benjamin Babel oder Beny, ein Einheimischer, erklärt im Hotel Burg Gartenpalais wie ein Rothenburger Schneeball gegessen wird. Er legt eine Serviette auf den Ball und haut mit der Hand kurz drauf und der Schneeball zerbricht in viele kleine Einzelteile und kann so bequem gegessen werden. Der Schneeball besteht aus Mürbteig, der ausgerollt, in Streifen geschnitten wird, zu einer Kugel geformt und dann in einer Zange im Butterschmalz ausgebacken wird und mit Puderzucker bestreut wird.

Im Burggarten, die grüne Oase der Stadt, wartet schon Elke Wedel vor der Blasiuskapelle für die Führung. Ja, wo ist die Burg? Sie wurde im 12. Jahrhundert von den Staufern erbaut und wurde wahrscheinlich während eines Erdbebens 1356 zerstört, nur die Kapelle ist übriggeblieben. Blumenbeete mit Tulpen bringen Farbe in das Grün und Sandsteinfiguren stellen die Jahreszeiten und die vier Element im Figurenbeet dar. Dann Partner geht es ins Café Lebenslust. Zwei junge Besitzerinnen mit ihren Partnern führen das Café und ein Schäferhund dreht seine Runden und checkt, ob alles okay ist. Im Café ist Kunst ausgestellt, es gibt Literaturlesungen und Malevents. Elke Wedel erklärt zum Abschied, die Altstadt ist nicht groß ist, sie ist nur etwa zehn Minuten lang und fünf Minuten breit, so ist alles schnell zu erreichen.

Im Restaurant Villa Mittermeier ist Thorsten Hauk der Chef de Cuisine, er hat 2024 einen Michelin Stern erkocht. Die Zutaten der Gerichte der fünf bis neun Gänge Menüs sind zumeist aus der Region. Bei Thorsten Hauk und seinem Team sind alle Gänge jedes Mal eine kontrastreiche Überraschung. Die intensive Geschmacksnote wird durch eine wahre Aromaexplosion getoppt. Das Weinangebot ist aus Franken bis Frankreich. Zur Villa Mittermeier gehören auch eigene Weinberge.  

Die Auswahl für ein Frühstück im Hotel Reichsküchenmeister, einem Patrizierhaus von 1200, ist enorm, so geht man gestärkt auf Erkundungstour. Die Waffenkammer am Marktplatz ist für kleine und große Jungen beeindruckend. Hier kann man Schwerter kaufen, dafür braucht man keinen Waffenschein, denn sie sind nicht scharf. Wer mag kann sich auch eine Rüstung anfertigen lassen. Zum Thema passt auch das Mittelalterliche Kriminalmuseum. Beim Eintritt geht es sofort in den Keller zu Foltergeräten, wie Stachelstuhl, Streckbänken, Pranger, Schandmasken, Holzgeigen und zur Eisernen Jungfrau. Das Foltergerät Eiserne Jungfrau wurde wahrscheinlich für die Hinrichtung von Menschen benutzt. Es ist ein Hohlkörper in Frauengestalt, der mit nach innen stehenden Nägeln oder Dornen beschlagen war.

Im Rothenburg Museum gibt es eine Ausstellung mit Zeichnungen von Elise Mahler, „Malweib“, sie war eine unerschrockene Künstlerin. Neben dem Kreuzgang mit vielen Sandsteinfiguren, den Tafelbildern der Rothenburger Passion, ist die Klosterküche beeindruckend durch ihre Größe und Kargheit. Das Museum ist im ehemaligen Kloster der Dominikanerinnen untergebracht. Schon 1554 als die letzte Nonne Katharina Euler gestorben ist, ging das Kloster in den Besitz der Stadt über. Katharina soll sich noch heute als guter Geist hin und wieder im Gebäude bemerkbar machen, so wird gemunkelt.

Der Hauptattraktion in der Altstadt ist die gotische St. Jakob Kirche, sie wurde von 1311 bis 1484 erbaut. Die Kirchtürme mit 55 und 58 Metern überragen alle Dächer und sind von Weitem sichtbar und gut zur Orientierung. Im Innenraum sind die drei 17 Meter hohen, farbenfrohen Kirchenfenster besonders eindrucksvoll. Der absolute Höhepunkt ist jedoch der Heilig-Blut-Altar, ein Meisterwerk des berühmten Würzburger Bildhauers Tilmann Riemenschneider. 1499 bis 1505 ist der Altar für die Heilig-Blut-Reliquie entstanden, die im goldenen Kreuz in einer im Altar eingearbeitet ist. Bei der Heilig-Blut-Reliquie soll es sich um einen, während des letzten Abendmahls, aus dem Kelch verschütteten Tropfen handeln, der zum Blut Christi und in Bergkristall eingefasst wurde.

Doch die Zeit ist in Rothenburg ob der Tauber nicht stehen geblieben, es gibt viele Festivals und kulturelle Veranstaltungen: das Historisches Festspiel „Der Meistertrunk“ zu Pfingsten und die Reichsstadt-Festtage vom 6.9. bis 8.9. feiern die Geschichte der Stadt, die in diesem Jahr zum besonderen Anlass noch mehr bietet: vor 750 Jahren wurde Rothenburg zur Reichsstadt ernannt. Am 15.5. wird es dazu ein historisches Event auf dem Marktplatz geben. Im Rothenburg Museum sehen Besucher ab 1.6. „Waffen einer Reichsstadt“ als Sonderausstellung. Für Gaumenfreuden und Lichterglanz sorgen im Jahresverlauf zudem das Weindorf im August sowie der Weihnachtsmarkt vom 29.11. bis 23.12., der in als Rothenburger Reiterlesmarkt bekannt ist.

Weitere Informationen finden Sie hier
www.rothenburg.de - www.hotel-reichskuechenmeister-rothenburg.de - www.reichskuechenmeister.com -
www.weihnachtsmuseum.de - www.kaethe-wohlfahrt.com - www.cafe-einzigartig-rothenburg.de - www.burggartenpalais.de - www.lebenslust-rothenburg.de - www.villamittermeier.de - www.waffenkammer-online.de - www.kriminalmuseum.eu - www.rothenburgmuseum.de - www.meistertrunk.de - www.toppler-theater.de

Über den Autor*Innen

Gabi Dräger

Wo findet man Gabriele Dräger in den Bergen? Natürlich in einer Alm bei einer Brotzeit., denn Almen mit guter Küche ziehen sie magisch an. Gipfel nimmt sie auch hin und wieder mit. So hat sie einige 5.000er beim Trekking in Süd Amerika und Nepal, bestiegen. Ihre Hochleistung war der Kilimandscharo mit 5.895 Meter. Kultur und Brauchtum faszinieren sie genauso, wie Städte und Kunstausstellungen. Obwohl sie gerne in urigen Berghütten übernachtet ist sie dem Luxus von guten Hotels nicht abgeneigt.