Nicht nur für Schulkinder war das Sommerferienwetter ein Traum, auch die meisten österreichischen Winzer konnten sich nicht beklagen. Bilderbuchwetter von Mai bis September. Noch nie konnte Winzer Ferry Schindler so früh mit der Weinlese starten! Was das für den 2018er Jahrgang bedeutet und auf was bei der Ernte geachtet werden muss, erklärt der Mörbischer Weinbauer vom Weingut Franz Schindler im Interview.
Genussfreak: „Wann hat bei Euch dieses Jahr die Weinlese begonnen?“
Ferry Schindler: „Sehr, sehr früh, schon am 23.8.! Das haben wir den durchgängig warmen Temperaturen und der Augusthitze zu verdanken.“
GF: „Bedeutet dies, dass der warme Sommer einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Reben hatte?“
Ferry Schindler: „Größtenteils schon. Probleme gab es wegen der Trockenheit und großen Hitze nur bei Junganlagen, die noch kein so gut ausgebildetes Wurzelsystem haben. Aber man muss auch sagen, dass es vor allem im Frühjahr zu schön und zu warm war, sodass die Blütezeit schnell vorüberging und das Traubenwachstum rasch voranschritt. Daher gab es eine sehr kurze Vegetationsperiode, was nicht gerade von Vorteil ist.“
GF: „Kann man schon sagen, welcher 2018er Wein aufgrund der warmen Sommermonate besonders gut schmecken wird?“
Ferry Schindler: „Hinsichtlich des sehr frühen Erntestarts werden wir auch aus diesem „heißen“ Jahr wunderbare, leichte und spritzige Weine keltern können. Aber das Hauptaugenmerk liegt bei uns natürlich vor allem auf Rotwein! Tolle Reife und gesunde Trauben werden für einen großen Rotweinjahrgang mit viel Potential für Reifung sorgen. Denn trotz Trockenheit bringen die Trauben unserer Weingärten, dank Ganzjahresbegrünung, eine wunderbare Balance aus reifer Frucht, Wucht und Eleganz, sodass einem großen Jahrgang 2018 nichts im Wege steht.“
GF: „Wann wird was geerntet? Gibt es eine bestimmte Ernteabfolge?“
Ferry Schindler: „Weißwein wird natürlich wesentlich früher reif als Rotweinsorten. In erster Linie zählen Muskat Ottonel und Sauvignon Blanc bei uns zu den frühreifen Sorten. Dieses Jahr ist der zeitliche Abstand zum Rotwein besonders groß, sodass wir 10 Tage Erntepause machen mussten, bevor wir mit der Rotweinernte starten konnten. Hierbei ist der Zweigelt die erste Sorte, während Cabernet Sauvignon 2 Wochen später geerntet wird.“
GF: „Worauf muss während der Ernte besonders geachtet werden?“
Ferry Schindler: „Das Wichtigste ist noch immer die Traubenqualität. Sprich, wenn die Trauben nicht 100 % gesund und reif sind, muss gründlich aussortiert werden. Natürlich ist auch immer und zu jeder Zeit auf Reinheit und Hygiene zu achten. In der modernen Kellerwirtschaft nicht mehr wegzudenken ist das temperaturgesteuerte Vergären der Moste, was wiederum mehrere Male täglich kontrolliert wird.“
GF: „Hat die Größe der Weinbeeren Einfluss auf den Geschmack des Weines?“
Ferry Schindler: „Eigentlich nicht, aber ganz verallgemeinern lässt sich das auch nicht. Muskat Ottonel zum Beispiel zählt zu den Sorten mit den größten Beeren, hat aber trotzdem einen sehr intensiven Geschmack. Sehr wohl eine Rolle spielt die Beerenanatomie beim Rotwein. Denn schon am Aufbau der Traube kann man das Potential erkennen. Das möchte ich am Beispiel des Blaufränkisch erläutern, denn er ist mit Abstand die wichtigste Sorte in unserem Betrieb und wir sind dankbar so eine tolle Sorte im Weingarten zu haben. Allerdings ist der Blaufränkisch sehr großbeerig. Zwar hat er auch eine enorm dicke Beerenhaut, aber der Saftanteil im Vergleich zum Anteil der Beerenhaut ist sehr hoch. Und die ganze Farbe, Kraft und Tanninstruktur kommt eben nur aus der Haut. Das heißt ein Merlot oder ein Cabernet Sauvignon ist mit seinen kleinen, dickschaligen Beeren klar im Vorteil und hängt den Blaufränkisch im Punkto Kraft und Substanz weit ab.“
GF: „Wann dürfen wir den ersten 2018er Wein kosten?“
Ferry Schindler: „Die ersten Weine aus 2018 werden bei uns vermutlich Anfang November in die Flasche gefüllt.“
GF: „An was orientiert sich eure Messlatte? Was war dieses Jahr euer großes Ziel?“
Ferry Schindler: „Wir versuchen jedes Jahr etwas Besonderes zu erzeugen und den vorigen Jahrgang zu toppen. Diesmal wird das sehr schwer, denn 2017 war gewaltig. Dennoch werden wir alles versuchen, dem nach zu kommen. Die Vorzeichen auf einen großartigen Jahrgang stehen sehr gut!“
Über den Autor*Innen
Jörg Bornmann
Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.