Drei Michelin Sterne, Koch des Jahrhunderts, Professor und Ehrendoktor an der Universität Örebro: Eckart Witzigmann hat die internationale Gastronomielandschaft geprägt, wie kaum ein anderer. Die Suche nach den besten Erzeugern für hochwertige Lebensmittel beschäftigt den Österreicher seit jeher. Einer, der den hohen Ansprüchen Witzigmanns gerecht wird, ist der Künstler und Unternehmer Dieter Meier. Der Schweizer züchtet seit Jahrzehnten in der argentinischen Pampa Humeda Rinder und exportiert das Fleisch nach Europa. Im Interview sprechen beide über Fleisch, Gastronomietrends und den Mythos „Regionalität“!
Genussfreak: Worauf sollten Konsumenten beim Einkauf von Fleisch achten?
Eckart Witzigmann: „Als ich zur Jahrtausendwende von der ZEIT um eine Prognose für die Entwicklung im Lebensmittelbereich gebeten wurde, war meine Antwort die gleiche, die ich heute geben würde: Der größte Luxus wird sein, den Produzenten seiner Lebensmittel persönlich zu kennen. Ich weiß, das ist ein ewiger Wunschtraum, aber dahinter steht die Pflicht, sich um die Herkunft und Qualität seiner „Lebensmittel“ zu kümmern. Viele Leute sehen die zweite Worthälfte als „Mittel“, schnell und billig satt zu werden, dabei sollte man sich mehr auf die erste Hälfte konzentrieren: „Leben“!"
Dieter Meier: „Das ist ein schöner Ansatz. Als Verbraucher sollte man sich auch mit der Geschichte und der Herkunft eines Produktes beschäftigen und nicht nur mit der Optik. Im Handel wird alles dafür getan um Fleisch, Obst und Gemüse auf Hochglanz zu polieren. Da darf man sich nicht blenden lassen. Der Gang zum Metzger und Fleischhändler seines Vertrauens wird in der Regel mit einem intensiveren Geschmackserlebnis belohnt.“
Genussfreak: Was sind für Sie die großen Food- und Gastronomietrends, die uns in den kommenden zehn Jahren begleiten werden, Herr Witzigmann?
Eckart Witzigmann: „Was uns sicher noch länger begleiten wird, ist die Konzentration auf regionale Produkte, da ist eine Entwicklung zu beobachten, die ihren Höhepunkt noch lange nicht erreicht hat. Aber das ist im Grunde ein alter Hut. Wir haben schon vor mehr als vierzig Jahren angefangen, Produzenten in der Nachbarschaft zu suchen und sie davon zu überzeugen, hochwertige Produkte zu erzeugen."
Genussfreak: Ist regionales Fleisch aus Ihrer Sicht immer automatisch besser?
Eckart Witzigmann: „Nein. Regional ist eine Herkunftsbezeichnung und kein Qualitätsmerkmal. Im Eifer der Regionalität verklärt sich da manchmal etwas die Perspektive. Den munteren Automatismus, dass alles Regionale automatisch das Allerbeste ist, kann ich nicht bestätigen. Das argentinische Ojo de Agua Rindfleisch von Dieter Meier ist ein gutes Beispiel dafür. Es kommt auf die Bedingungen an, unter denen ein perfektes Produkt erzeugt werden kann. Das ist regional nicht immer gegeben.“
Genussfreak: Herr Meier, warum züchten Sie Rinder in Argentinien und nicht in Europa?
Dieter Meier: „Mir geht es in der Landwirtschaft darum, die bestmöglichen Produkte zu erzeugen. Und dafür brauche ich auch die dazu passende Herkunft. Argentinien hat mich schon seit meinem ersten Besuch 1973 fasziniert. Einige Jahrzehnte später erwarb ich die Estancia Ojo de Agua. Seitdem züchte ich hier mit einem versierten Team Rinder, weil die Bedingungen hier besser sind als in Europa – erstklassiges Weideland, optimales Klima und herausragendes Wasser. Zudem kommt das Know-how: Die Gauchos beherrschen die Kunst der Viehzucht seit Jahrhunderten. Auf Ojo de Agua sind sie für über 70.000 Hektar Land verantwortlich, auf dem mehr als 10.000 Black Angus und Hereford Rinder das ganze Jahr unter freiem Himmel leben. Unsere Tiere wachsen hier so naturnah wie möglich auf und ernähren sich vor allem von den saftig grünen Weiden unserer Ländereien.“
Genussfreak: Essen wir in Zentraleuropa zu viel Fleisch?
Eckart Witzigmann: „Wir essen zu viel schlechtes Fleisch. Geiz ist immer noch geil, wenn es um Lebensmittel geht – die Zuwachsraten von Discountern und Tiefkühlkost demonstrieren das deutlich.“
Dieter Meier: „Da kann ich nur zustimmen. Essen ist für mich nicht die reine Nahrungsaufnahme, sondern Genuss. Dazu gehört auch der Respekt vor den Produkten, die ich verzehre. Die unwürdigen Verhältnisse der Massentierhaltung sind eine katastrophale Entwicklung unserer Zeit. Solange ich beim deutschen Discounter Rinderfilet für rund 20 EUR das Kilo nachgeworfen bekomme, läuft etwas grundlegend falsch.“
Genussfreak: Die Quintessenz: Lieber weniger und dafür gut. Was charakterisiert für Sie beide gutes Fleisch?
Eckart Witzigmann: „Der Quintessenz kann ich nur zustimmen. Aber wie würden sie ein gutes Auto charakterisieren? Preis, Aussehen, Zuverlässigkeit, Umweltverträglichkeit, Herkunft? Ich würde das daran festmachen, dass bei der Aufzucht der Tiere deren Wohl und das Wohl der Natur im Mittelpunkt stehen. "Gutes Fleisch" klingt mir zu beliebig, da sind viele Parameter austauschbar.“
Dieter Meier: „Neben der Art, wie es erzeugt wurde, zählt auf dem Teller für mich vor allem der intensive und vollmundige Geschmack. Unser Rindfleisch besticht durch seine dunkelrote Farbe und eine feine Marmorierung. Die Zellstruktur der Hereford und Black Angus Rinder sorgt für eine perfekte Saftigkeit, der ausgewogene Fettgehalt für einen zarten Biss. So muss Rindfleisch schmecken!“
Genussfreak: Was überzeugt sie beim Ojo de Agua Fleisch von Dieter Meier?
Eckart Witzigmann: „Wenn man sich mit den Gegebenheiten von Oja de Agua befasst, stellt man schnell fest, dass sich dort einige perfekte Anforderungen zu einem phantastischen Ganzen vereinen. Vor allem die unermesslich riesigen Weideflächen, die ja maßgeblich die Fütterung beeinflussen. Und der natürliche Umgang mit den Tieren. Da befinden sich Mensch, Tier und Natur in friedlicher und respektvoller Koexistenz. Das Ergebnis: Es schmeckt großartig!“
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Weiter Informationen zu den argentinischen Produkten von Dieter Meier finden Sie hier...
Über den Autor*Innen
Jörg Bornmann
Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.