I Caprini - Hier ist der Käse König

Franco Caprini Käse Italien Piemont

Was schenkt man einem Herzog zur Hochzeit, der ohnehin schon alles im Überfluss hat? Diese Frage stellten sich anno 1489 die Einwohner des kleinen Piemonteser Dörfchens Montebore, als Gian Galeazzo Sforza, Herzog von Mailand, seine Isabella von Aragon ehelichte. Nach langem Grübeln kamen sie zum dem Schluss, dass es etwas Symbolisches sein musste, das mit ihrer Tradition und ihrem Dorf zu tun hatte. Und was könnte es Besseres geben als ein Produkt, das sie mit ihren eigenen Händen aus Rohstoffen ihrer Heimat gefertigt hatten? Also nahmen sie ihren traditionsreichen Montebora-Käse, der bereits damals auf eine dreihundertjährige Geschichte zurückblicken konnte, und formten aus der Käsemasse, die zu 75 Prozent aus Rohmilch heimischer Kuhrassen und zu 25 Prozent aus Schafsmilch bestand, verschieden große Käseräder und schichteten diese aufeinander. Und fertig war ein schmackhafter Käseturm, der wie der Turm ihres Dorfes aussah. Dieses Geschenk überreichte man feierlich dem Bräutigam, der von der originellen Idee, vor allem aber vom würzigen Geschmack des Turms begeistert war.

Über die Jahrhunderte hinweg ging allerdings die Tradition des Montebora-Käses immer mehr verloren, bis sie in den Siebziger Jahren ganz verschwand. Erst in den Neunziger Jahren griffen die Bewohner des an der Grenze zum Piemont gelegenen Dörfchens Mongiardino Ligure die beinahe vergessene Rezeptur wieder auf. Sie begannen, die vom Aussterben bedrohten heimischen Milchkühe wieder zu züchten und schließlich von Hand wieder jenen Käse herzustellen, der einst bereits den Herzog begeisterte.

Italienische Vielfalt vom Feinsten

Die Augen von Franco Caprini leuchten voller Begeisterung, als er die kleine Anekdote zur Wiederauferstehung des Montebora erzählt. Seit 1908 betreibt die Familie Caprini in San Giovanni Lupatoto, etwa neun Kilometer südöstlich von Verona, ein kleines Lebensmittelgeschäft, das zunächst ein typisch italienischer Gemischtwarenladen war, sich aber im Laufe der Jahre immer mehr zu einem Feinkostladen und Deli-Imbiss mit edelsten italienischen Leckereien entwickelte, in dem es vor allem um ein Thema geht: den Käse. Seit über 20 Jahren widmet Franco Caprini nun sein Leben dem Käse, und zwar nicht jenem vakuumverschweißten Einheitsformaggio, mit dem allseits bekannte Industriehersteller die Supermarktregale füllen. "Diese Industriekäse sind dank ihrer Konservierungsstoffe zwar ewig haltbar, sie schmecken aber alle gleich", so der 40jährige Franco, der nur frische, handwerklich gefertigte Rohmilchkäse in seine Theke lässt. "Käse ist ein Naturprodukt, das aus frischen Zutaten und mit viel Liebe und Geduld vom Käsereimeister hergestellt werden muss. Nur wenn beides harmoniert, kommt am Ende ein Spitzenprodukt heraus." Und weil er bei der Auswahl seines Angebots so überaus kritisch ist, liegt Franco viel daran, seine Käsehersteller zu besuchen und ihnen bei der Arbeit über die Schulter zu schauen. Bis in die Region um Rom, ins Latium, hat es ihn auf seinen Käsereisen bereits verschlagen. Und alle zwei Jahre trifft er sich mit einer handvoll hoch angesehener Käsehändler aus ganz Italien und dann tauschen sie die neuesten Erkenntnisse in Sachen Käse aus. "Ein Kollege gab mir vor einiger Zeit die Adresse einer Mozzarella-Käserei aus Eboli", berichtet Franco stolz. "Dort werden die aus Kuh- oder Büffelmilch hergestellten Mozzarelle noch wie früher, als man noch nicht genügend Papier hatte, in Myrtheblätter eingewickelt. Der Käse bekommt dadurch ein ganz besonders duftendes Aroma." 250 verschiedene italienische Sorten hat Caprini über das Jahr verteilt im Angebot. Natürlich hat er einen Käse immer nur dann, wenn er Saison hat. So bietet er etwa im Herbst wunderbare Rohmilch-Bergkäse an. Auch der Grubenkäse, der in den letzten Jahren zu einer richtiggehenden Modeerscheinung in Italien wurde, hat in den späten Monaten des Jahres Saison, nachdem er als frischer Käse durch Reifung in unterirdischen Gruben sein pikantes Aroma erlangte. Caprinis Käse sind inzwischen weit über die Landesgrenzen hinaus gefragt. Sogar das weltberühmte, mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Veroneser Restaurant "Il Desco" bat Caprini bereits vor zehn Jahren, zu einer gräflichen Hochzeit einen Käsetisch zusammenzustellen. Zwar verbannte die Braut den "stinkenden Wagen" zunächst in ein Nebenzimmer, entschuldigte sich aber schließlich höchstpersönlich bei Caprini, als sie merkte, dass sich immer mehr begeisterte Gäste um seinen Büffettisch scharten. Und so kommt es, dass der frühere Lebensmittelhändler seit nunmehr zehn Jahren mit seinem Käsebüffet auf den höchsten Empfängen, bei Hochzeiten und anderen opulenten Festen präsent ist. Caprini freut sich, dass immer mehr Menschen Zugang zum "Naturprodukt Käse" finden. Und auch, wenn es inzwischen in Mode gekommen ist, dieses Naturprodukt vor allem mit Marmeladen oder Senfsoßen zu reichen, bleibt der "Formaggiaio" ein Purist: "Ein großer Käse ist von allein groß geworden. Er braucht keine Begleitung", sagt er und schiebt sich ein Stück seines Lieblingskäses in den Mund. Es ist ein milder Ziegenkäse aus der bei Pavia gelegenen Käserei Il Boscasso, der in grappagetränkten Kastanienblättern gereift ist. Der Mann weiß eben, was schmeckt!

I Caprini – Botega e Cusina
Via Madonnina 11
S. Giovanni Lupatoto

Tel: +39 045/545058
www.icaprini.it

Dienstag bis Samstag: 10-14:30 und 17 – 20:00 Uhr
Montag geschlossen

Anfahrt: Von Verona Stadtmitte auf die SR 62, dann links auf die SS 12; von dort sind es ca. 9 Kilometer nach S. Giovanni Lupatoto. Das Geschäft "Caprini" liegt an der Hauptstraße.

Infokasten:

Käse richtig aufbewahren und servieren – Tipps von Franco Caprini

Käse sollte man im untersten Fach des Kühlschranks in einem geschlossenen Behälter aufbewahren, weil es dort weniger kalt ist und der Käse so nicht Geschmack der anderen Lebensmittel annimmt. Nur Mozzarella sollten im Molkesaft an einem kühlen Ort und nicht im Kühlschrank gelagert werden. Ein handwerklich hergestellter Käse neigt zur Schimmelbildung. Wenn sich der Schimmel nur an der äußeren Schicht bildet, muss er in der Regel nur abgekratzt werden.

Wichtig: Den Käse eine Stunden vor dem Verzehr aus dem Kühlschrank holen, damit er sein Aroma entfalten kann.

Über den Autor*Innen

Susanne Wess

Susanne Wess ist 1968 in München geboren. Nach langjähriger redaktioneller Tätigkeit beim Fernsehen arbeitet sie seit 1999 als freiberufliche Journalistin und Autorin. Ihre Themenschwerpunkte sind Reisen, insbesondere verbunden mit Berg- und Radsport, Wellness und Lifestyle, sowie Food und Wein. Ihre Leidenschaft für edle Tropfen konnte Susanne  Wess über die Jahre durch ihre frühere Arbeit im Weinhandel, durch zahlreiche Seminare – und natürlich ‘learning by doing’ – stets vertiefen.