Ich bin ein totaler Entdecker


Ein Gespräch mit Nicola Neumann (Münchner Weininseln)
 

Nicola Neumann, entwickelte vor etwa einem Jahr das Konzept der Münchner Weininseln. Unter Weinliebhabern bereits sehr bekannt, möchte Frau Neumann den Event weiter entwickeln und wie sie sagt zu einer Institution im Weinjahr machen. Genussfreak hat sich am Rande der 3. Münchner Weininseln mit Frau Neumann unterhalten.

 

Genussfreak: „Hallo Frau Neumann, zunächst einmal vielen Dank für die Einladung und die Einblicke in Ihren Weinevent „Münchner Weininseln“. Wie kamen Sie auf die Idee, eine Plattform wie diese für den Münchner Wein-Einzelhandel zu entwickeln?“

Nicola Neumann: „Das ergab die eigene Erfahrung. Ich habe eine Zeit lang in Würzburg gelebt und hatte da immer viel Kontakt zu Weinkultur und Weinfesten. Das fand ich sehr schön, es war ein Alltagserleben und als ich dann nach München kam musste ich feststellen, dass es hier in dieser Form ganz wenig gibt und dass auch sehr wenige Leute auf Weinverkostungen und Weinproben gehen. Ich wollte die Leute mehr auf diese kleinen Geschäfte aufmerksam machen und Ihnen zeigen, dass es Spaß macht mit Freunden Wein zu trinken und Wein zu verkosten. Und dann hatte ich die Idee, das überhaupt nicht neue Konzept des Tages der offenen Keller, das gibt es ja in nahezu jeder Weinregion, aber nicht in der Innenstadt und nicht mit Geschäften. Und so kam es, dass ich dieses Konzept in München einfach einmal ausprobiert habe, dies haben wir vor ziemlich genau einem Jahr das erste Mal gemacht.“


Genussfreak: „Wie würden Sie Ihre Weininseln im Vergleich zu den bekannten und klassischen Weinmessen sehen?“

Nicola Neumann: „Also der größte Unterschied ist der, dass wir die Leute direkt dort hin holen, wo sie in Zukunft auch wieder Wein einkaufen und genießen sollen. Bei der Messe finde ich es immer ein bisschen problematisch, dass erst einmal alle an einem Ort zusammen kommen müssen, es wird viel probiert und am Ende geht man dann oft nach Hause und es ist wieder aus dem Sinn. Und hier, wenn einer einmal im Laden war, den Inhaber kennen gelernt hat und inspiriert ist, kommt er auch wieder. Es ist natürlich auch viel weniger aufwendig für die Läden, die müssen nirgendwo hinfahren, die haben hier ihre Gläser, die haben alles vor Ort. Es ist kein zusätzlicher Zeitaufwand, denn sie haben sowieso offen, sie haben durch die Veranstaltung natürlich etwas mehr Gäste, aber das ist für sie kein großer Aufwand und wie gesagt, die Leute wissen auch in Zukunft, wo sie hinkommen müssen.“


Genussfreak: „Warum würden Sie Ihre Veranstaltung besuchen?“

Nicola Neumann: „Ich bin ja totaler Entdecker, ich liebe es zu entdecken und wir haben ganz viele Weinhandlungen, in die man nicht einfach so rein geht oder man weiß es gar nicht, dass es sie gibt. Z.B. im Westende da ist eine Location, das sind eigentlich Archäologen mit einem Reisebüro und die haben unten drunter einen Gewölbekeller, da geht man so normalerweise gar nicht rein, aber es ist total geil, man sieht die Begeisterung der Leute und an einem solchen Tag kann man das mal kennen lernen und in ganz neue Welten eintauchen. Die Leute gehen sonst nicht hin, ich gehe selbst oft vorbei und denke, 'mmh muss ich jetzt gleich etwas kaufen?' Man will auch nicht gleich etwas kaufen. Man will einfach mal gucken und das ist das Ideale an diesem Event, man zahlt seine 5,- € kann eine Stunde oder länger verweilen, verschiedene Weine verkosten, mit den Inhabern sprechen, sich beraten lassen. Ich würde es selber auch immer wieder besuchen.“


Genussfreak: „Sowohl die großen Lebensmittelmärkte im Einzelhandel, als auch der Online-Handel drängen immer stärker in den Weinmarkt. Wo sehen Sie den klassischen Weineinzelhandel in 10 Jahren?“

Nicola Neumann: „Das kann eben nur über das Weinerlebnis gehen. Das Weinerlebnis ist das was unsere Weinhändler vom Supermarkt und Online-Geschäft unterscheidet. Das sinnliche Erlebnis habe ich nur, wenn ich etwas schmecke, rieche und auch der Umgang mit den Menschen, die sich diesem Thema so intensiv widmen, gehört dazu. Die stecken nämlich nicht so sehr in dieser normalen Mühle der Effizienz drin. Natürlich müssen sie auch Umsatz machen, aber sie sind nicht ganz so getrieben von Umsatzsteigerung und Effizienz, dadurch bringen diese Menschen vielmehr rüber zum Thema Sinnlichkeit, denke mal über dein Leben nach, wo stehst Du, da wird ganz viel angeregt in einem selbst und man bekommt einfach viel mehr für sein Geld. Ich glaube, wer das einmal verstanden hat geht viel öfter in solche Läden. Ich denke einfach mal schnell so etwas kaufen, bringt keine wirkliche Befriedigung und ist keine Lösung für die Zukunft.“


Genussfreak: „Immer mehr stationäre Wein-Einzelhändler versuchen über eigene Online-Shops mehr Umsatz zu generieren. Wäre es nicht geschickter dieses dafür aufgebrachte Geld in entsprechende Marketingaktivitäten zustecken und den Weintrinker in den Laden zu locken, sich nicht dem Online-Preiskampf auszusetzen?“

Nicola Neumann: „Nein, ich sehe es ganz anders, ich denke jeder Laden soll ganz dringend auch einen Online-Shop haben. Denn gerade dieser, ich nenne es einmal Marketingmix ist das, was am Ende am erfolgreichsten ist. Die Leute werden auf mich aufmerksam durch eine solche Veranstaltung, durchs vorbei laufen, durchs Internet, die können auch einmal Zuhause schmökern, was gibt es da für Weine, sich auch mal Sonntags damit beschäftigen und man darf nicht vergessen, in den Läden sitzen ja nicht immer 100 Leute, der Inhaber ist nicht ständig beschäftigt und kann so seine Internetarbeiten gut in den täglichen Arbeitsablauf integrieren. Diese Läden rechnen sich immer weniger und man muss diesen zusätzlichen Umsatz generieren, man ist dann weniger unter Druck. Ich habe selbst einen kleinen Wein-Onlinehandel und es funktioniert sehr gut. Ich würde jedem dazu raten, aber ich würde es natürlich so machen, keine Massenweine anbieten, die jeder hat, sondern ganz spezialisiert, nur was man selbst auch im Laden hat, Weingüter, die es nicht überall gibt.“


Genussfreak: „Zum dritten Mal finden nun Ihre Münchner Weininseln statt und haben zum dritten Mal einen tollen Paten, bzw. dieses Mal mit Paula Bosch eine Patin. Was motiviert diese sich für Ihren Event stark zu machen?“

Nicola Neumann: „Also die sehen das natürlich schon als eine Plattform, man vernetzt sich mit ganz ganz vielen Leuten aus der Weinbranche, man bekommt enorm viel Presse und sie werden dabei natürlich auch immer wieder erwähnt. Wir machen auch sehr viel Arbeit im Bereich Sozialmedia, sie profitieren da auch von der Öffentlichkeitsarbeit. Und, was man nicht unterschätzen darf, man setzt sich damit auch noch für etwas Gutes ein, man macht was Sinnliches und was Gutes. Und ich denke daher gelingt es mir immer gute Paten zu finden.“


Genussfreak: „Kommen wir zum Schwerpunkt der aktuellen Veranstaltung „Spanien“. Was ist für Sie das besondere am spanischen Wein?“

Nicola Neumann: „Das hat sich zum Beispiel durch dieses Netzwerk ergeben, Paula Bosch kam auf diese Idee mit den Spanischen Weinen, weil das schon immer ein Steckenpferd von ihr ist. Und so haben wir ein Dreier-Konglomerat gefunden, die Spanischen Weine haben auch einen Teil der Broschüren mit finanziert, ohne so einen Partner ginge es überhaupt nicht, die sind sehr, sehr teuer, das würde ohne einen Partner nicht gehen, die haben uns da etwas geholfen und da haben wir versucht, das für die Weininseln wirklich passend zu machen. Haben uns dabei nicht ins Konzept reinreden lassen, haben, wie man heute gesehen hat, nur hochwertige Spanische Weine zur Verkostung ausgeschenkt, keine günstigen Mitnahmegeschichten, sondern das Besondere herausgestellt. Das hat mir dann auch wirklich Spaß gemacht, denn Spanischen Wein kennt man oft nur von 50% Rabatt Aktionen und da wollten wir heute mal zeigen, 'nee er kann auch mehr'. Man muss auch immer etwas die Aufklärung im Auge behalten, 'guck nicht immer auf den Preis, sondern schau auch mal dahinter'.“


Genussfreak: „Haben Sie selbst schon Weingüter in Spanien besucht?“

Nicola Neumann: „Nein, aber ich bin natürlich jetzt schon sehr neugierig geworden.“

Genussfreak: „Wie wichtig ist für Sie die Kombination zwischen spanischem Essen und spanischem Wein?“

Nicola Neumann: „Also dabei hätte ich mir schon gewünscht, dass man etwas Originelleres als das 'Vino et Tapas' ausdenkt, da hätte ich mir schon etwas Anspruchsvolleres gewünscht. Das kommt halt aus den Spanischen Anbaugebieten, aber ich hätte mir da schon etwas mehr Crossover vorgestellt. Ich meine man sollte dazu immer nur das Beste Essen, wobei das Beste nicht das Teuerste sein muss.“


Genussfreak: „Wie sehen Ihre Zukunftspläne für die „Weininseln“ aus?“

Nicola Neumann: „Im nächsten Jahr machen wir einen kompletten Relaunche. Wir haben jetzt eigentlich alle wichtigen Stadtviertel durch, ich habe die Partner kennen gelernt, wie sie arbeiten. Ich möchte das im nächsten Jahr nicht so verteilt auf sechs Wochenenden machen, ich möchte gern ein Aktionswochenende in ganz München machen und das mit richtig starken Partnern an Bord, die sich bei Druck, Print auch finanziell einbringen, dass wir einfach noch schönere Plakate, ein noch schöneres Programm, drucken können, wir möchten Medienpartner an Bord nehmen, die uns helfen die Weininseln bekannter zu machen. Wir leben bisher fast ausschließlich durch die Werbung der Händler, wollen aber noch ein bisschen mehr Bekanntheit erreichen. Wenn wir jetzt ein Jahr Zeit haben, das richtig vorzubereiten, dann erhoffe ich mir, dass noch einmal ein kräftiger Schwung kommt und dass es dann eine richtige Institution wird, auf die sich die Leute das ganze Jahr freuen. Und es ist auch in anderen Städten geplant. Zunächst einmal Hamburg oder Köln. Es soll einmal im Jahr stattfinden, denn es ist extremst aufwendig das alles vorzubereiten. Wir haben jetzt gerade auch eine App entwickelt, die Weine müssen vor dem Event alle eingereicht werden und ich möchte noch mehr Aktivitäten drum herum einbauen, weitere Sessions, wie zum Beispiel heute mit der Paula Bosch. Diese Sinnlichkeit, davon möchte ich gerne mehr, auch im kleinen Kreis, mit Abendveranstaltungen. Wir sind schon recht erfolgreich, aber ich denke man muss da noch etwas am Konzept verändern, damit es dann richtig rund und toll wird.“

Über den Autor*Innen

Jörg Bornmann

Als ich im April 2006 mit Wanderfreak an den Start ging, dachte noch keiner an Blogs. Viele schüttelten nur ungläubig den Kopf, als ich Ihnen von meinem Traum erzählte ein reines Online-Wandermagazin auf den Markt zu bringen, welches eine hohe journalistische Qualität aufweisen kann, eine Qualität, die man bisher nur im Printbereich kannte. Mir war dabei bewusst, dass ich Reisejournalisten und Spezialisten finden musste, die an meine Idee glaubten und ich fand sie.