Zurück in die Achtziger

In einem Heidelberger Verlagsgebäude aus den achtziger Jahren hält bis April ein Pop-up-Restaurant mit hohen kulinarischen Ansprüchen Einzug - (c) Klaus Pfenning

In einem Heidelberger Verlagsgebäude aus den achtziger Jahren hält bis April ein Pop-up-Restaurant mit hohen kulinarischen Ansprüchen Einzug

Die Welt im Jahre 2025 – sie dreht sich immer schneller. Das gilt auch für die Gastronomie, wenn auch nicht überall. Während etwa im Hochschwarzwald Gastwirtschaften und Speisekarten manchmal noch immer aussehen wie vor 100 Jahren, öffnen und schließen in Großstädten Betriebe im Gleichtakt. Öffnen, betreiben, schließen, in diesem Fall nach Plan, ist das Konzept von Pop-up-Restaurants. Und zwar an besonderen Plätzen.

In der „kleinen Großstadt“ Heidelberg mit seinen 160.000 Einwohnern poppt es derzeit am Rande des Unicampus Neuenheimer Feld auf. Dort hatte mit Springer Nature über Jahrzehnte einer der größten Naturwissenschaftsverlage Deutschlands seinen Sitz. Bevor er im vergangenen Jahr neue und viel modernere Büroflächen unmittelbar am Heidelberger Hauptbahnhof bezog. Zurück ließ der Verlag zwischen Neckar und Olympiastützpunkt ein großes Gebäude mit dem Charme der 80er Jahre.

„Sei erlebnishungrig!“
Für Swen Schmidt und seine drei Mitstreiter von der Heidelberger Bliss Group die perfekte Location für die mittlerweile sechste Auflage ihres Pop-up-Konzepts in Deutschlands ältester Universitätsstadt. Zuvor waren sie unter anderem bereits im früheren Bahnbetriebswerk, einem ehemaligen amerikanischen Supermarkt auf einem Kasernengelände oder in einem leerstehenden Spielwarengeschäft aktiv. Bliss betreibt in und um Heidelberg mehrere Restaurants, Bars, Event-Locations, einen Foodtruck und bietet zudem Catering für bis zu 500 Personen. Durch die Universität ist Heidelberg eine sehr junge Stadt, hat zudem einen der höchsten Akademikeranteile in Deutschland und prozentual den höchsten Anteil an Menschen mit Doktortitel. „Sei erlebnishungrig!“, postuliert die Gruppe auf ihrer Homepage. Und hab‘ Geld, möchte man hinzufügen.

Dem ehemaligen Springer-Verlagsgebäude mit seinen achteckigen Waben, langflorigen Teppichböden und Hydrokulturen hauchten sie vor allem farblich mit viel Rot, Orange und Braun den längst verblassten Charme der der Achtziger ein. Im Mittelpunkt steht dabei die frühere Kantine mit Platz für bis zu 200 Gäste. Auf dem Tisch steht eine (leere) Campbell Suppendose, gestaltet von der Pop-Design-Ikone Andy Warhol.

Toast Hawaii und Birne Helene
Als kulinarischen Patron konnten die Macher Hendrik Otto gewinnen, der im Berliner Luxushotel Adlon viele Jahre auf Zwei-Sterne-Niveau kochte. Otto und der Küchenleiter der Bliss-Group, Sven Günther, orientieren sich bei der Kreation des Fünfgangmenues, natürlich, an den achtziger Jahren. Rindertatar war damals in, der Hummer erreichte so langsam auch das Hinterland fernab der Küsten, erste asiatische Restaurants mit ihrer bis dahin unbekannten Geschmacksvielfalt öffneten ihre Küchen. Dazu natürlich als kleiner Zwischengang einen Toast Hawaii, begleitet vom Kultgetränk „Laterne“. Und dann natürlich zum Abschluss die gute alte Birne Helene, die zum Nachtisch nicht fehlen darf. 

An einem kamen die Köche aber nicht vorbei: in den Achtzigern gab es noch kaum Vegetarier und noch viel weniger Veganer. Dass es das Menue auch in einer Nicht-Fleisch-nicht-Fisch-Variante gibt, ist heute selbstverständlich. Dann gibt es eben Seidentofu statt Rind, Paprika und Zitronenthymian statt Hummer und Blumenkohl statt Huhn – alles auf hohem Niveau, versteht sich.

Menue Fleisch

  • Tatar vom US-Beef, fermentierter Pfeffer, Staudensellerie, grüner Apfel, eingelegter schwarzer Rettich, Gazpazo
    Hummersamtsuppe, weiße Trüffelcreme, Blumenkohl, Estragon, Fenchelduft, Blätterteig

  • Kikok-Biohuhn in zwei Gängen

  • Dim Sum a la Coq au vin blanc, Gewürzsud, Shitakepilze, Lauch

  • Soufflierte Brust, Sauce Choron, Roscoffzwiebel, Mandelbrokkoli

  • Birne Helene, kandierte Veilchen, Parfait weiße Schokolade, Ganache

Menue vegetarisch 

  • Tatar vom geräucherten Seidentofu, fermentierter Pfeffer, Staudensellerie, grüner Apfel, eingelegter schwarzer Rettich, Gazpazo

  • Samtsuppe von Paprika und Zitronenthymian, confierte Tomaten, Spitzpaprika, Parmesan
    Blumenkohl in zwei Gängen

  • Dim Sum, spyci Blumenkohl mit Aubergine, Gewürzsud, Shitakepilze, Lauch

  • Blumenkohl orientalische Art, Granatapfel, Minze, Hummus, Lauch

  • Birne Helene, kandierte Veilchen, Parfait weiße Schokolade, Ganache


Weitere Informationen und Reservierungen (stories-popup-kitchen.de)
Das Restaurant poppt noch bis zum 30. April auf, und zwar immer Mittwoch bis Samstag. Check-in ab 18 Uhr, Beginn jeweils um 19 Uhr. 
Mittwoch und Donnerstag kostet das Menue 165 Euro, Freitag und Samstag 185. Darin eingeschlossen ist eine alkoholische wie auch nichtalkoholische Getränkebegleitung.
Adresse: Tiergartenstraße 17, Heidelberg-Neuenheim

Über den Autor*Innen

Unser Autor Klaus Pfenning

Klaus Pfenning

Klaus Pfenning wuchs am Rande des Odenwalds auf – und damit eher mit Apfelwein. Erst im frühen Erwachsenenalter wurde ihm bewusst, dass sich auch aus anderen Früchten wunderbare Weine herstellen lassen. Vor allem aus Trauben, weißen wie roten. Vor 30 Jahren verlegte der Naturliebhaber seinen Lebensmittelpunkt an die Badische Bergstraße. Von dort aus kann er nicht nur den heimischen Winzern bei der Arbeit zuschauen. Sondern auch hinüberblicken in die Pfalz und nach Rheinhessen. Dem wachsenden Interesse am Wein konnte das nicht schaden.